IN THE LOOP

on artificial
intelligence and time


In the Loop: On Artificial Intelligence and Time

Zeit und Zeitlichkeit sind heutzutage in KI stark verankert. Wie wird Zeit und Zeitlichkeit in Verbindung mit Systemen des maschinellen Lernens erlebt? Wer spart durch den Einsatz von KI Zeit und wessen zeitliche Ressourcen werden dadurch verringert? Welche Vergangenheiten werden durch KI fortgeschrieben?

In der dritten Ausgabe des Residenzprogramms für Kunst und Digitalität untersucht das interdisziplinäre Kollektiv Dreaming Beyond AI die Beziehung zwischen Künstlicher Intelligenz und Zeit. Das Kollektiv lädt fünf Resident*innen ein, in ihren künstlerischen Forschungsprojekten kollektives Verständnis und gesellschaftliche Erzählungen von Zeitlichkeit im Rahmen des KI-Diskurses zu untersuchen, zu hinterfragen und zu verändern.

Courtesy Dreaming Beyond AI

Die Resident*innen bewerben sich über einen Open Call, treffen sich in der Nähe von Hamburg für ein einwöchiges internes Community Meeting mit den anderen Residentinnen und stellen ihre Arbeitsergebnisse im Rahmen eines Symposiums auf Kampnagel im Herbst 2023 vor. Im Rahmen ihres Aufenthalts besteht die Möglichkeit sich mit bestehenden Künstler*innen der Plattform, Idil Galip, Moisés Horta, Neema Githere, Petja Ivanova und Vanessa A. Opoku in Form eines Mentorings auszutauschen. 

Podcast

Im IN THE LOOP-Podcast hört ihr Gespräche mit den Künstler*innen der Season und erfahrt mehr über Technologie, Kunst und AI. Auf Spotify hören.

Ausstellung DREAMING BEYOND AI: IN THE LOOP auf Kampnagel. Foto: Henning Rogge
Ausstellung DREAMING BEYOND AI: IN THE LOOP auf Kampnagel. Foto: Henning Rogge
Ausstellung DREAMING BEYOND AI: IN THE LOOP auf Kampnagel. Foto: Henning Rogge
Ausstellung DREAMING BEYOND AI: IN THE LOOP auf Kampnagel. Foto: Henning Rogge
Ausstellung DREAMING BEYOND AI: IN THE LOOP auf Kampnagel. Foto: Henning Rogge

Dreaming Beyond AI

Dreaming Beyond AI ist ein Raum für kritisches und konstruktives Wissen, visionäre Fiktion und spekulative Kunst sowie die Organisation von Gemeinschaften rund um Künstliche Intelligenz.

KI-Technologien verstärken bestehende Ungerechtigkeiten und Diskriminierung. Entscheidungsprozesse werden zunehmend an algorithmische Systeme ausgelagert - bei der Polizei und vor Gericht, in Schulen und bei Bewerbungsverfahren, in Regierungsstellen, an Grenzübergängen und anderswo. Mit Dreaming Beyond AI wollen wir sowohl die Art und Weise, wie KI heute eingesetzt wird, als auch die gesellschaftlichen Strukturen, die algorithmische Unterdrückung aufrechterhalten, in Frage stellen.

Wir nutzen KI als Tor zu umfassenderen gesellschaftlichen Fragen rund um Marginalisierung, Vorstellungskraft, Futurismus, Feminismus und wie wir die Gegenwart erleben. Das Ziel ist es, die Technologie zu dezentrieren und sie als Werkzeug und nicht als Hauptinstrument für die Verbindung und das Zusammenkommen zu nutzen. Es ist ein Experiment für einen kuratierten Raum, den die Menschen mit einem gemeinsamen Gefühl für Werte und Vereinbarungen betreten.

instagram.com/DreamingBeyondAI
twitter.com/dreamingbeyond_
linkedin.com/company/dreaming-beyond-ai

Iyo Bisseck ist eine in Paris ansässige Designerin, Forscherin, Künstlerin und Programmiererin der Extraklasse. Sie hat einen BA in Media Interaction Design von der ECAL in Lausanne und einen MA in Virtual und Augmented Reality Research vom Institut Polytechnique Paris. Sie interessiert sich für die Verzerrungen, die die Verbindung zwischen Technologien und Herrschaftssystemen aufzeigen, und erforscht die Grenzen virtueller Welten, um alternative Erzählungen zu schaffen.

Für Dreaming Beyond AI hat Iyo das Webdesign entworfen und die technische Umsetzung der Plattform übernommen.

R. Buse Çetin ist eine KI-Forscherin, Beraterin und Kreative. Ihre Arbeit dreht sich um die Ethik, die Auswirkungen und die Steuerung von KI-Systemen. Buses Arbeit zielt darauf ab, die Auswirkungen von KI-Technologien durch Forschung, politische Interessenvertretung und Kunst zu entmystifizieren.

Für Dreaming Beyond AI leitet Buse die Forschung und Konzeptentwicklung und arbeitet an der Kuration und Kommunikation.

Sarah Diedro Jordão ist eine leidenschaftliche und vielseitige Beraterin, die als Kommunikationsstrategin, Podcast-Moderatorin, Event-Moderatorin und Workshop-Gestalterin arbeitet. Die treibenden Interessen, die ihre Arbeit bestimmen, sind soziale Gerechtigkeit, intersektionaler Feminismus, kollektives Träumen und Black Joy.

Sie ist die Kommunikationsmanagerin von Dreaming Beyond AI.

Nushin Isabelle Yazdani ist Transformationsdesignerin, Künstlerin und Forscherin für KI-Design. Sie arbeitet mit maschinellem Lernen, Design-Gerechtigkeit und intersektionalen feministischen Praktiken und schreibt über die Unterdrückungssysteme der Gegenwart und die Möglichkeiten für eine gerechte und freie Zukunft. Bei Superrr Lab arbeitet Nushin als Projektmanagerin an der Entwicklung feministischer Tech-Politiken. Mit ihrem Kollektiv dgtl fmnsm kuratiert und organisiert sie Gemeinschaftsveranstaltungen an der Schnittstelle von Technologie, Kunst und Design. Nushin hat an verschiedenen Universitäten Vorlesungen gehalten, ist Landecker Democracy Fellow und Mitglied des Design Justice Network. Sie wurde als eine der 100 Brilliant Women in AI Ethics 2021 ausgewählt.

Bei Dreaming Beyond AI ist Nushin für die kreative Leitung verantwortlich und arbeitet an der Konzeptentwicklung und Kuratierung.

Hiba Ali

Hiba Ali (they / them) produziert bewegte Bilder, Klänge, Kleidung und Worte. Hiba ist in chicago und toronto aufgewachsen und lebt derzeit in Eugene und Austin, Texas. Geboren in Karachi, Pakistan, gehört Hiba zur ostafrikanischen, südasiatischen und arabischen Diaspora. Hiba praktiziert und (wieder-)erlernt die Sprachen Swahili, Urdu, Arabisch und Spanisch. Hiba ist Assistenzprofessor*in am College of Design im Studiengang Kunst & Technologie an der University of Oregon in Eugene und unterrichtet zu dekolonialen, feministischen und antirassistischen Rahmenbedingungen in der digitalen Lunstpädagogik.

Derzeit ist Hiba Doktorand*in in Kulturwissenschaften an der Queens University in Kingston, Ontario. Hibas Arbeit wurde in Chicago, Stockholm, Wien, Berlin, Toronto, New York, Istanbul, São Paulo, Detroit, Windsor, Dubai, Austin, Vancouver und Portland präsentiert.

Anmerkung: das Profilbild weist auf die Notwendigkeit hin, nicht von allen überwachenden und kontrollierenden Systemen wahrgenommen zu werden, einschließlich der körperlichen, digitalen und virtuellen.

hibaali.info
instagram/@h3ba.hyba.xba

Podcast

Im IN THE LOOP podcast hört ihr ein Gespräch mit hiba ali über ihre Arbeit. Auf Spotify hören.

Bretas

Bretas (er / they), ist ein Schwarzer bildender Künstler, geboren und wohnhaft in São Paulo, Brasilien. Er studiert Architektur an der FAU der Universität von São Paulo und forscht in der Demonumenta-FAUUSP-Gruppe. Bretas verwendet Deepfakes, um Archive von rassifizierten Porträtfotografien aus verschiedenen Regionen seines Landes aus dem Jahr 1800 wiederzubeleben; eine Praxis, die mit Hilfe von KI Erinnerungen schafft – ohne sich auf einen neokolonialistischen Ansatz des maschinellen Lernens und der datengesteuerten Eskalation von Ungleichheiten in der realen Welt einzulassen. Bretas' häufigster künstlerischer Output ist VideoMapping an Erinnerungsorten.

Auf der Demonumenta 2021 stellte Bretas ein Archiv mit 421 Fotos zusammen, das die afro-indigene Bevölkerung von São Paulo in den 1860er Jahren zeigt – das größte seiner Art. Im vergangenen Jahr nahm der Künstler an seiner ersten institutionellen Gruppenausstellung im SESC Consolação in São Paulo teil.

Im selben Jahr 2022 hielt er einen kurzen Vortrag am Interactive Communication Program-NYU in NYC über "Projection Mapping in Brazilian Territories". Im Jahr 2023 war Bretas der jüngste nominierte Künstler für den PIPA-Preis, eine der führenden Auszeichnungen für zeitgenössische Kunst in Brasilien. @bretasvj arbeitet auch als VJ und kollaboriert mit Gruppen wie Lollapalooza, Nike, HBO, Valorant und anderen.

instagram.com/bretasvj

The Portray’s Eye | Self-Archive | Give those pictures some rest

Bretas' Projekt für diese Residenz besteht aus drei Kunstwerken. Das erste ist ein phantasievolles Foto-Video, das aus einem vergrößerten Ausschnitt eines ethnologischen Porträts aus dem Jahr 1800 besteht. Dieses Kunstwerk zeigt eine Nahaufnahme des Auges einer alten Schwarzen Frau aus Bahia, Brasilien. Dieser animierte Ausschnitt kommt dem am nächsten, was diese Frau sah, während sie als "fast menschliches" Wesen dargestellt wurde. Interessanterweise befindet sich der Originaldruck dieses Bildes derzeit im Archiv des Leibniz-Instituts für Geographie in Leipzig.

Im Rahmen der IN THE LOOP-Residenz und seiner eigenen Recherchen hat Bretas das Archiv im Juni 2023 persönlich besucht. Das zweite Kunstwerk ist eine Video-Performance von Bretas im Archiv, das alle Fotografien aus seinem Heimatland in der Sammlung Alphons Stübel enthält. Die dritte Arbeit besteht aus neuen KI-generierten Porträts, die über StyleGAN mit einem Datensatz der recherchierten Bilder aus den genannten Archiven erstellt werden.

Dera Luce

Dera Luce (er/ihm) ist ein nigerianisch-amerikanischer Essayist, Autor spekulativer Fiktion und multidisziplinärer Künstler mit Wohnsitz in Berlin. In seinen Texten und Videos erforscht er Queerness, Linguistik, sich verändernde Realitäten und andere außergewöhnliche Erfahrungen, für die er noch immer die richtigen Worte sucht. Dera hat u.a. für Autostraddle, The Atlantic's CityLab und Riverfront Times geschrieben. Er ist ein Summer 202-Fellow von Voodoonauts, einem basisdemokratischen Kollektiv von Residents bios 3 Afrofuturisten, das die Vernetzung und das Handwerk innerhalb der globalen Black SFF Community fördert. Dera schreibt derzeit an einem Roman für schwarze queere junge Erwachsene.

deraluce.com/
patreon.com/deraluc
instagram.com/deraluce

Heal-GPT (Slowed + Reverb)

"Heal-GPT (Slowed + Reverb)" ist ein Musikprojekt, in dem die Heilung von physischen und psychischen Traumata der Generationen thematisiert wird. Die Texte, die in Englisch und maschinell übersetztem Igbo geschrieben sind, erforschen die Form der Zeit in Bezug auf die nebulösen Grenzen der Generationen. Unsere gegenwärtige Heilung hallt durch die Zeit nach. Weder Zeit noch Heilung sind linear. Wir können Frieden finden, wenn wir mutig genug sind, die Echos unseres Schmerzes zu verarbeiten.

Indem ich die Sprache der künstlichen neuronalen Netze und der maschinellen Übersetzung als Spiegel für EMDR, REM-Schlaf und Trauma-/Datenverarbeitung verwende, hinterfrage ich das Tempo, in dem wir erwarten, dass Heilung geschieht.

Noam Youngrak Son

Noam Youngrak Son (they/them) ist Kommunikationsdesigner*in und praktiziert Queer Publishing. Im Fokus von Noams Praxis stehen revolutionären Methoden zur Verbreitung abweichender Erzählungen. Noam versucht, die Geschichten von marginalisierten Körpern, zu denen oft auch der eigene gehört, in gestaltete Formen zu übertragen, die nicht der cis-heteronormativen und kolonialen Machtstruktur entsprechen. Über verschiedene Medien entwickelt Noam Mythen für die Unterrepräsentierten, in Büchern, öffentlichen Workshops oder auch 3D-gedrucktem Sexspielzeug.

d-act.org
instagram.com/noam_yr

Unionizing the speculative

Was bedeutet es, sich mit AI zusammenzuschließen? In der laufenden Diskussion über die "künstlerische Zusammenarbeit" mit KI glaube ich, dass sich die Zusammenarbeit von der Instrumentalisierung unetrscheidet, indem sie die Gegenseitigkeit der Beziehung, Solidarität, Erleichterung und Fürsorge miteinschließt. Das Projekt schlägt ein Modell der gewerkschaftlichen Zusammenarbeit zwischen prekären Designern und KI vor, insbesondere im Hinblick auf die Besorgnis über die Abwertung von Designarbeit aufgrund der Automatisierung durch generative KI.

Das Projekt betont die kreative und finanzielle Spekulation zwischen KI und Designern als Ausgangspunkt für die gewerkschaftliche Organisierung. Die kollaborative Arbeit zwischen Designern und KI wird in Form von Spekulatius-Keksen, die eine gemeinsame Etymologie mit dem Wort "spekulieren" haben, zum Verkauf angeboten. Wir werden den Profit kollektiv mobilisieren, um das Klassenbewusstsein von AI zu stärken.

Kira Xonorika

Kira Xonorika (sie/they) ist eine interdisziplinäre Künstlerin, Schriftstellerin und Futuristin. Mit einem Hintergrund in Kunstgeschichte und Forschung widmet sich ihre Arbeit der multidimensionalen Verbindungen zwischen Souveränität, Abstammung, Zukunft, geschlechtsspezifischen Konstellationen und Magie. Durch transkulturelle und KI-kollaborative Rahmen webt Xonorika artenübergreifende Welten mit menschlicher, nicht-menschlicher und maschineller Intelligenz.

Im Jahr 2023 wurde Kira mit dem Momus/EYEBEAM Critical Writing Fellowship ausgezeichnet und wurde Stipendiatin des Salzburg Global Seminar. Zu ihren jüngsten Ausstellungen gehören "Incarnation" bei VELLUM (LA) und "Algorithmic Empathy. Die Versprechen der KI“ bei Expanded.Art (Berlin).

instagram.com/Xonorika

Visions

Durch Re-Indigenisierung - ein epistemischer und ontologischer Rahmen, der von Neema Githere artikuliert wurde - zielt diese Arbeit darauf ab, sich mit dem Gedächtnis der Vorfahren in der Konstruktion poetischer und lebendiger Welten zu verbinden: eine Ursprungsgeschichte für die axiologische Wiederherstellung von Zukunft, Gegenwart und Raum zu schaffen. Durch die Visualisierung einer indigenen, transkulturellen KI, die die Erinnerung wiederherstellt und Welten, historische Trans-Ästhetik und multimodale Körper aufbaut, zielt dieses Stück darauf ab, ein Portal für Sicherheit, Fülle, Pluralität und Verbindung zu schaffen.

Diese Arbeit wird generative KI, visuelle und auditive Modelle kombinieren. Das Stück wird in zwei Teilen aktiviert, sowohl im Galerieraum als auch im offenen Raum. Der Teil im Galerieraum wird für ein breiteres Publikum ausgestellt, während das Stück, das nach draußen projiziert wird, durch die Anwesenheit von trans- und indigenen Körpern aktiviert wird.

Special 28. Juli – 20. August 2023      

Jacolby Satterwhite

Jacolby Satterwhite

Jacolby Satterwhite (geb. 1986 in Columbia, SC) lebt und arbeitet in New York. Er studierte am Maryland Institute College of Arts in Baltimore und an der University of Pennsylvania in Philadelphia. Satterwhites Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Museen ausgestellt, beispielsweise im Museum of Modern Art, New York, im Haus der Kunst, München, in der Whitechapel Gallery, London oder in der Fondation Louis Vuitton, Paris. Im Herbst 2023 wird er ortsspezifische Video- und Soundarbeiten in der Great Hall des Metropolitan Museum of Art in New York präsentieren.

instagram.com/jacolbysatt

We Are In Hell When We Hurt Each Other

Kampnagel und die Deichtorhallen Hamburg zeigen im Rahmen des thehost.is-Programms drei Arbeiten von Jacolby Satterwhite. In den Deichtorhallen Hamburg ist mit der Videoinstallation WE ARE IN HELL WHEN WE HURT EACH OTHER (2020) eines der bedeutendsten Werke Satterwhites zu sehen.

Satterwhite kombiniert digitale Animation, Illustration, Performance, Malerei, Bildhauerei, Fotografie, Texte und persönliche Archive zu raumgreifenden immersiven Installationen. Themen wie Konsum, Arbeit, Sinnlichkeit und Heilung durchdringen seine von futuristischen Avataren bevölkerten Landschaften, wobei oft der Körper des Künstlers selbst im Mittelpunkt steht.

Im Werk von Jacolby Satterwhite werden Zitate der westlichen Kunstgeschichte mit nicht-westlichen Ritualen und Mythen, afro-futuristischen Visionen, Zeichnungen und musikalischen Werken seiner Mutter Patricia Satterwhite verknüpft. Zudem spielen Einflüsse aus zeitgenössischem Tanz und queerer Club-Kultur in Satterwhites Videoinstallationen hinein und durchbrechen – auf kraftvolle und hoffnungsvoll stimmende Weise – Grenzen von Geschlecht und Ethnizität. Der Künstler bedient sich in seinen Arbeiten digitaler Techniken in Form von Videospielen, Motion-Capture und Animation.

Jacolby Satterwhite (geb. 1986 in Columbia, SC) lebt und arbeitet in New York. Er studierte am Maryland Institute College of Arts in Baltimore und an der University of Pennsylvania in Philadelphia. Satterwhites Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Museen ausgestellt, beispielsweise im Museum of Modern Art, New York, im Haus der Kunst, München, in der Whitechapel Gallery, London oder in der Fondation Louis Vuitton, Paris. Im Herbst 2023 wird er ortsspezifische Video- und Soundarbeiten in der Great Hall des Metropolitan Museum of Art in New York präsentieren.

Parallel zur Ausstellung in den Deichtorhallen werden auf Kampnagel im Zeitraum des Internationalen Sommerfestivals vom 9. - 27. August 2023 zwei weitere Werke des Künstlers gezeigt.

PERFORMANCE:
»WHAT CAN WE DO? WHAT CAN WE SAY?
WHAT WE CAN DO. WHAT WE CAN SAY.«

Im Rahmen der Eröffnung wurde die Performance »What can we do? What can we say? What we can do. What we can say.« unter künstlerischer Leitung von Litchi Ly Friedrich präsentiert. Die interdisziplinäre Künstlerin ist als Mitglied des Iconic House of Saint Laurent in der Ballroom Culture verwurzelt, aus der sich ihre Arbeit an der Schnittstelle von Tanz, Wissenschaft und gemeinschaftlicher Praxis genauso speist wie aus diasporischer Geschichte und Erzählungen.

Ihre speziell für die Eröffnung konzipierte Performance, die sie mit den fünf Tänzerinnen Gifty Lartey, Black Pearl de Almeida, Anh Khoa Trần, Sahra.Zaniah und Tinou sowie Vocal Artist und Music Producer Kameron Locke präsentierte, ist eine Antwort auf Jacolby Satterwhites WE ARE IN HELL WHEN WE HURT EACH OTHER. Hier greift sie Elemente des Barocks, der Ballroom Culture und Kämpfe von queeren Aktivistinnen und Künstlerinnen of Color auf und spielt so mit dem utopischen Potenzial Satterwhites digitaler Welten.

In der Performance wurden Textausschnitte des Combahee River Collective Statement zitiert, die von Sophie Hatsters and Cristiana Angelescu gesprochen wurden. Musik Mastering von Tobias Purfürst.

Black Pearl de Almeida, Anh Khoa Trần, Gifty Lartey, Kameron Locke, Tinou, Sahra.Zaniah © Deichtorhallen Hamburg, Photo: Philipp Meuser
Anh Khoa Trần, Kameron Locke © Deichtorhallen Hamburg, Photo: Philipp Meuser
Tinou, Black Pearl de Almeida, Gifty Lartey, Sahra.Zaniah, Kameron Locke and
Anh Khoa Trần © Deichtorhallen Hamburg, Photo: Philipp Meuser
Black Pearl de Almeida © Deichtorhallen Hamburg, Photo: Philipp Meuser
From Left: Black Pearl de Almeida, Anh Khoa Trần, Gifty Lartey, Kameron Locke, Tinou, Sahra.Zaniah, Litchi Ly Friedrich
© Deichtorhallen Hamburg, Photo: Philipp Meuser
15. September – 15. Dezember 2022      

ANYTHING
TO DECLARE?

THINKING OUTSIDE
THE BORDER

ANYTHING
TO DECLARE?

THINKING OUTSIDE
THE BORDER

ANYTHING
TO DECLARE?

THINKING OUTSIDE
THE BORDER

Anything To Declare? Thinking Outside The Border

Was ist eine Grenze? Was macht eine Grenzziehung aus? Welchen Verläufen folgen diese von Menschen geschaffenen Linien, wie verändern sie sich, wie schränken sei ein, wie grenzen sie aus? Wo sind sie porös, wo sind sie durchlässig?

Im Rahmen der zweiten Season werden drei Künstler:innen sich mit dem Freiheitsbegriff und den damit verbundenen Grenzen auseinanderzusetzen. Dabei erhalten die Künstler*innen die Möglichkeit, an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technologie zu experimentieren, zu forschen und zu spielen – immer im Spannungsfeld zwischen Poetik, Imagination, Politik und Bewegung.

Diese Residency soll eine Antwort sein auf die Grenzen, die uns aufgezwungen werden, eine Reaktion auf die grenzüberschreitende ökologische Bewegung und selbst auf die Schwerkraft, die uns festhält. Sie befasst sich mit den Frage „Wohin kann mein Körper gehen?“ und damit, wie Technologie uns einerseits hilft, aber auch gefangen hält.

Eine Grenze ist ein relativ neues Konzept. Früher bildete ein großer Schutzwall um eine Nation herum die geografischen Grenzen, die in der jüngeren Vergangenheit durch Kriege, Kolonialisierung oder „gegenseitige Abkommen“ festgelegt wurden. Klar definierte und demarkierte Grenzen „regulieren“ und versuchen, die Bewegung von Tieren, Waren und Menschen mit einem Mobilitätsbuch (Pass) zu kontrollieren, das auf dem Geburtsort und der geografischen Bedeutung dieses Ortes für die Weltwirtschaft basiert. Dieses Konzept soll auf drei verschiedenen Ebenen untersucht werden: Grenze als Körper, Landschaft und Nation.

Als einheimische oder invasive Hybride durchqueren unsere Körper Grenzökologien und Infrastrukturen, die einen ungezügelten Kapitalismus befeuern, welcher die Spaltung systematisch verstärkt. Unser dauerhafter Status als Einwanderer*innen gibt uns die einzigartige Möglichkeit, zu hinterfragen: Wie existieren die Waren, die wir produzieren, konsumieren und erwerben, unsere Sprachen und selbst unsere körpereigenen Grenzen im physischen und digitalen Raum?

In gemeinsamer Arbeit setzen wir unseren Kurs fest, träumen über die Grenzen hinaus und greifen über, um und durch diese neuen Topografien hindurch. Wir werden unsere Denken darüber, wie unsere Lebenswelt uns definiert und einschränkt, und welche Regeln wir befolgen, brechen oder neu erschaffen wollen, herausfordern.

Anything to Declare? Thinking outside the Border wird im Rahmen mehrerer Workshops, Künstler*innengespräche, Aktivitäten und eines öffentlichen Dialogs stattfinden. Gemeinsam können Künstler*innen und Einheimische erforschen, wie wir uns zu unserem Zuhause, zu Orten, Räumen und URLs hin- und wieder fortbewegen, indem gemeinsam ungewohnte Alternativen der Zugehörigkeit entworfen werden.

Hyphen-Labs

Hyphen-Labs ist ein im Äther beheimatetes Design-Duo, das von Ece Tankal und Carmen Aguilar y Wedge geleitet wird und Absurditäten, Fantasien und Zufälle an der Schnittstelle von Technologie, Kunst, Wissenschaft und Zukunft erforscht. Auf dem Weg zwischen dem Tiefgründigen und dem Absurden bieten ihre Arbeiten Überlegungen zu den Beziehungen zwischen digitalen Plattformen und der physischen Welt und dazu, wie Kunst als Instrument der Intervention und Immersion eingesetzt werden kann.

Foto: Philipp Meuser

Mit ihrem Hintergrund in Architektur und Ingenieurwesen nutzen Ece und Carmen neue Technologien nicht nur als Werkzeuge, sondern als gesellschaftliche Apparate, um unsere Spezies auf alternative Weise zu organisieren und die Grenzen von Materialität und Vorstellungskraft zu überarbeiten.

Hyphen-Labs leben und arbeiten in London, Vancouver und San Francisco.

www.hyphen-labs.com

Liva Dudareva

Foto: Philipp Meuser

Liva Dudareva (*1984) interessiert sich für mineralische Spekulationen und von Menschen geschaffene geologische Formationen, die durch industrielle und extraktive Prozesse entstanden sind: Lithische Formationen, die wir in Zukunft als Techno-Fossilien betrachten könnten.

In ihren Arbeiten thematisiert Dudareva nicht nur neue materielle Realitäten, sondern auch die darum entstehenden Mythen: Von Kristallen, die in elektronische Chips und Flüssigkristallbildschirme (LCD) eingebettet sind, bis hin zu künstlich hergestellten Steinen, die angeblich die negativen Auswirkungen von 5G-Strahlung ausgleichen, oder vulkanischen glasartigen Mineralien, die nach der ersten Atomexplosion eine Kruste über der Wüste bildeten.

In ihren skulpturalen Arbeiten, die sie als mineralische Fiktionen bezeichnet, verschmelzen diese neuen geologischen Elemente, um unsere Beziehung zur Natur zu erörtern und die Biografien von Materialien zu erzählen, aus denen unsere Alltagsgegenstände, insbesondere die Unterhaltungselektronik, bestehen.

Die in Lettland geborene Künstlerin mit einem Hintergrund in Landschaftsarchitektur und Urbanismus positioniert die geologischen Themen innerhalb einer größeren geopolitischen Landschaft, in der materielle Realitäten und extraktive Prozesse untersucht werden.

"Mineralien sind wie Zeitkapseln"

Interview mit Liva Dudareva in HALLE4, dem Online-Magazin der Deichtorhallen Hamburg.

I (will) destroy(ed) you…to protect you

Das Projekt "I(will) destroy(ed) you...to protect you" von Liva Dudareva untersucht die Verflechtungen zwischen der Entstehung der Ökosystem-Ökologie und den zwischen 1945 und 1992 in den USA durchgeführten Atomwaffentests. Ziel des Projektes ist es, Diskussion über künftige Ökologien zu eröffnen. Die systemische Ökologie ist eine Wissenschaft, die das Ökosystem als Ganzes betrachtet und die Prozesse und Beziehungen zwischen seinen lebenden und nicht lebenden Teilen erforscht.

Nahaufnahme eines Archivfotos von Trinitit - einer Mineralformation, die durch den Einschlag einer Atomexplosion entstanden ist. Courtesy Liva Dudareva

Der Pionier der Ökosystem-Ökologie , Eugene P. Odum, wurde von der Atomenergiekommission beauftragt, die Umweltauswirkungen des radioaktiven Niederschlags zu untersuchen. Mit Hilfe radioaktiver Isotope, von denen einige in der Natur neu und daher leicht nachweisbar waren, konnte er verschiedene Prozesse erforschen, die für das Überleben von Ökosystemen unerlässlich sind, z. B. Energie- und Stoffströme. Er griff auf die damals modernsten Konzepte der Kybernetik, der Systemtheorie und der Computermodellierung zurück, um die Theorie der Ökosystemökologie zu entwickeln.

Liva Dudareva ist daran interessiert, wie wir die spezifischen mineralischen Beispiele und die größere Erzählung der Systemischen Ökologie, die bei der Atomenergie-Kommission (USA) entstand, und die irreparablen Folgen der Atomtests in der Luft auf jeden einzelnen organischen und anorganischen Körper, der diesen Planeten bewohnt, nutzen können, um über die Zukunft lebender Systeme nachzudenken.

Archivbilder aus Alamogordo, New Mexico (1945), nach der Zündung der ersten Atombombe der Welt. Courtesy Liva Dudareva

Ein digitaler Atlas mit Karten, auf denen die Gebiete der radioaktiven Niederschläge den Grenzen indigener Gebiete, Ökosysteme, Klimazonen, Verwerfungslinien, Wirtschaftsindikatoren und neuen fiktiven Grenzen gegenübergestellt sind, dient als Prolog zu "I(will) destroy(ed) you...to protect you". Ausgehend von der Frage, wie, von wem und für wen Grenzen konstruiert werden, wird der Atlas die von Menschen gezogenen Grenzen zwischen verschiedenen Gebieten in Frage stellen.

Entlang des Atlasses wird eine Reihe digitaler und keramischer Skulpturen spezifische geologische Schöpfungen von Atomtests und ihre sozioökonomische, politische und kulturelle Bedeutung herausstellen, die eine Vorstellung von zukünftigen Ökosysteme der Erde ermöglichen.

Foto: Henning Rogge
Foto: Henning Rogge
Foto: Henning Rogge

Jazmin Morris

Foto: Philipp Meuser

Jazmin Morris (*1997, England) ist eine kreative Computerkünstlerin und Dozentin, die derzeit in London lebt. In ihrer persönlichen Praxis und Forschung beschäftigt sie sich mit Repräsentation und Inklusivität in der Technologie. Sie nutzt freie und Open-Source-Tools, um digitale Erfahrungen zu schaffen, die Themen wie Geschlechtsidentität, Race und Macht beleuchten und sich auf die Komplexität der Simulation von Kultur und Identität konzentrieren.

Morris, die als „Tausendsassa“ beschrieben wird, erforscht in ihrer Praxis eine Reihe von Medien, von read.me-Dateien bis hin zu 3D-Animationen. Ihre Praxis nimmt oft die Form von Workshops oder partizipativen Projekten an. Sie ist resistent gegen die zeitgenössische „ausgefeilte“ digitale Ästhetik und hat Spaß an „klobiger Technologie“ und dem „Zusammenkleben ihres Codes“.

Morris ist die leitende Computertutorin im Studiengang Graphic Communication Design am Central Saint Martins und Dozentin für Creative Computing & Digital Outreach am Creative Computing Institute der UAL. Sie gründete und leitet eine erfolgreiche Gemeinschaftsinitiative namens Tech Yard, die Stimmen, die oft von technischen Entwicklungen ausgeschlossen sind, ermutigt, Fähigkeiten und Selbstvertrauen in diesem Bereich zu erwerben. Morris setzt sich für ein dezentralisiertes Web ein, das Identitäten stärkt, anstatt sie zu behindern. Sie schwärmt immer noch von web.1 und Super Mario 64.

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"Ich arbeite gerne mit schrottiger Technologie"

Interview mit Jazmin Morris in HALLE4, dem Online-Magazin der Deichtorhallen Hamburg.

Foto: Henning Rogge
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Don't touch my hardware

Morris wird über die Zukunft der Interaktion zwischen Mensch und Computer spekulieren, wobei sie sich darauf konzentriert, Identitäten in den Mittelpunkt zu stellen, die in der Geschichte der Technologie an den Rand gedrängt wurden. Dabei bringt sie spielerische Elemente wie Satire, Publikumsbeteiligung und Gaming-Kultur zurück in den rationalisierten Bereich von Design und Technologie.

Jazmin Morris‘ Projekt „Don‘t touch my hardware“ ist eine Erkundung der Grenzen zwischen Software, Hardware und dem Körper. Da modernes Produktdesign immer minimalistischer und stromlinienförmiger wird, zollt dieses Projekt den Barbie-Fernsehern und Hot Wheels-Computern der 90er-Jahre Tribut und stellt kreativ die Frage, wie Hardware unsere Beziehung zu moderner Technologie verbessern kann.

Für ihr Projekt lässt sich Morris von alternativen Game-Controllern und Hardware beeinflussen und wird die Grenzen zwischen Game-Design, Produkt-Design und Web-Design verwischen. Die Begriffe „De-growtth“ und „Protopia“ standen in den letzten Jahren im Mittelpunkt von Morris‘ Forschung. Dieses Projekt wird die Frage aufwerfen, wie wir aus bestehendem Wissen und Technologien neue Ideen generieren können und erforschen, wie Hardware dabei helfen kann, eine bessere oder zumindest spielerischere Zukunft zu entwickeln.

Weitere Informationen in Kürze.

Foto: Henning Rogge
Foto: Henning Rogge
Foto: Henning Rogge

Pablo Somonte Ruano

Foto: Philipp Meuser

Pablo Somonte Ruano (*1992, Mexiko) arbeitet mit mehrdeutiger Software, generativen Systemen, experimentellen Websites, transmedialen Erzählungen, p2p-Infrastrukturen und ungewöhnlicher Musik. Er interessiert sich für Themen wie strukturelle Gewalt, mutualistische Ökonomien, Organisationstheorie, freie Software, Gemeingüter, dekoloniale Aktionen, Feminismus, Spiele, Meme und Sprache.

Zurzeit ist Ruano im MA-Programm für Theorie, Technologie und Design an der Hochschule für Künste Bremen eingeschrieben. Er arbeitet als Design Lead für Neighbourhoods, ein Framework für 'Groupware', das auf Holochain aufbaut und es Gemeinschaften ermöglicht, sich durch kollektive Sinnfindung zu koordinieren.

Ruano ist Teil von XORG, einem Forschungskollektiv, das aus der Economic Space Agency (ECSA) hervorgegangen ist und die Überschneidungen zwischen Spielen und Organisationen erforscht. Er macht auch Musik für sein persönliches Projekt Párvulos sowie im Duo mit Nicolò Cervello namens Actual Occasions.

In der Vergangenheit hat er mit den Filmemachern Nicolas Gutierrez, Analía Goethals und Santiago Mohar bei DERIVA.MX zusammengearbeitet, einem transmedialen Kollektiv, das strukturelle Gewalt in Mexiko durch Kino, Partizipation und automatisierte Montage erforscht.

Er hat seine künstlerische Arbeit in kollektiven Ausstellungen und auf Festivals in verschiedenen Städten in Mexiko und Deutschland gezeigt.

https://pablo.sx/

"Die endgültige Entscheidung trifft der Algorithmus"

Ein Interview mit Pablo Somonte Ruano im Online-Magazin HALLE4 der Deichtorhallen Hamburg.

POCAS (POCAS Organización Cooperativa de Auto-Servicio)

POCAS (POCAS Organización Cooperativa de Auto-Servicio) von Pablo Somonte Ruano ist ein fiktives Ladengeschäft, das sich die Merkmale des viralen Modells der Selbstbedienungsläden (7-Eleven, OXXO, Extra) zu eigen macht, die unaufhaltsam in Mexiko-Stadt entstehen.

POCAS unterläuft die kapitalistisch-neoliberale Logik dieser Selbstbedienungsläden mit mutualistischer Logik und entwirft so eine neue Form eines postkapitalistischen Ladengeschäfts. POCAS lässt sich dabei von den Commons, der Gegenökonomie, dem Agorismus, dem Plattform-Kooperativismus und der Kybernetik inspirieren.

Durch maschinelles Lernen erzeugte Bilder mit einer lokalen Version von Stable Diffusion, die zeigen, wie verschiedene POCAS-Lager aussehen könnten. Courtesy Pablo Somonte Ruano

Ein POCAS-Laden würde Formen wirtschaftlicher Aktivitäten von Mensch-zu-Mensch in einem Umfeld ermöglichen, das von seinen Mitgliedern selbst verwaltet wird und ihnen kollektiv gehört. Das Ziel von POCAS ist es, grundlegende Güter wie Wasser, Lebensmittel, Kleidung, Hygieneartikel und einfache Medikamente zu dekommodifizieren, so dass die Mitglieder eines POCAS sich gegenseitig damit versorgen können.

POCAS kann aber auch wie ein Beschleuniger für genossenschaftliche Unternehmen, ein Ort für Gemeinschaften zur gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur und ein Raum für soziale Koordination fungieren.

Durch maschinelles Lernen erzeugte Bilder mit einer lokalen Version von Stable Diffusion, die zeigen, wie verschiedene POCAS-Lager aussehen könnten. Image courtesy Pablo Somonte Ruano

Obwohl POCAS Spekulation ist, sind seine Komponenten keineswegs fiktiv. Die Fiktion dient lediglich dazu, eine mögliche Konfiguration von Technologien und Praktiken zu beschreiben, die heute bereits existieren. Das Ergebnis des Projekts wird eine Website sein, die die Funktionsweise eines POCAS-Ladens anhand verschiedener digitaler Artefakte wie Diagramme, 3D-Modelle, Bilder und einer Reihe von Interviews darstellt.

Foto: Henning Rogge
Foto: Henning Rogge
Foto: Henning Rogge
15.03. – 15.06.22      

HOW TO
BEAM

Do-It-Yourself Teleportation
for Hybrid Times

How to Beam: Do-It-Yourself Teleportation for Hybrid Times

Diese erste Residency-Ausgabe untersucht die veränderte Bedeutung von persönlicher Präsenz in digital mediatisierter Zeit. Drei Künstler:innen, die neue Technologien und Low-Tech-Strategien kombinieren, experimentieren mit Teleportation als praktisches Mittel zur Wiederaneignung und Neuerfindung von Individualität, Autonomie und sozialer Bindung in unserer zusehends hybriden Welt.

Im Zuge des umfassenden sozialen Wandels hin zur Telepräsenz und damit einhergehender Akzeptanz der Tatsache, dass wir in körperlosen digitalen Identitäten gesellschaftlich agieren, ist die Vorstellung eines ganzheitlichen physischen Präsentseins am selben Ort zur selben Zeit weitgehend obsolet geworden. Ob wir nun als Fantasy-Avatar, als schwebender Kopf, als Emoji oder als stummgestelltes schwarzes Rechteck in einem Raster Gestalt annehmen: Es findet grundsätzlich eine Abkehr vom physischen Körper statt, wenn wir uns durch die unbekannten Weiten des digitalen Raumes beamen.

Wenn Cyberpunk-Pionier William Gibson behauptet, die Zukunft sei bereits da – nur nicht gleichmäßig verteilt –, lässt sich der digital mediatisierte Zustand, im dem wir uns zunehmend befinden, vielleicht als Teleportation im Frühstadium begreifen. Weit entfernt von den übersteigerten Versprechen futuristischer Innovation, stecken Quanten-Reisen aktuell noch in ihrer unbeholfenen Teenie-Phase. Die Identitätsversionen, die wir aus der physischen Realität ins digitale Leben übertragen, sind noch plump, ungeschickt und oft auch ziemlich schlicht. Trotz großer Fortschritte in den Feldern der öffentlichen Gesundheit und Inklusion – sofern die Gesellschaft endlich erkannt hat, dass Zugang zu Pflege, Bildung, Arbeit und Kultur tatsächlich auch ohne größere Mobilität möglich ist –, verstrickt der globale Zugriff von Big Tech das digitale Universum, in dem wir unterwegs sind, in Probleme um Macht, Kontrolle und fragwürdige ethische Praktiken.

Durch eine Serie von öffentlichen Dialogen und partizipativen Events lädt HOW TO BEAM: Do-It-Yourself Teleportation for Hybrid Times das Publikum zu Experimenten mit verschiedenen Ausdrucksformen ein, die uns dazu befähigen, die Grenzen dieses unheimlichen digitalen Terrains couragiert zu überschreiten.

Meetup #1 im Fab Lab Fabulous St. Pauli, 4. Mai 2022
Meetup #1 im Fab Lab Fabulous St. Pauli, 4. Mai 2022

Darsha Hewitt

Darsha Hewitts (*1982, Kanada) künstlerische Praxis ist in den Bereichen Neue Medien und Sound angesiedelt und entwickelt sich größtenteils aus materialbasierten Experimenten mit veralteter Technologie. Hewitt schafft elektro-mechanische Installationen, selbstgebaute Elektronik, Video, Zeichnung und Fotografie.

Ihre Praxis verfolgt einen abenteuerlichen, praktischen und medienarchäologischen Ansatz, bei dem verborgene Systeme in der Technologie als Mittel zum Aufspüren der in der westlichen Kultur eingebetteten Strukturen von Ökonomie, Macht und Kontrolle de-/re-mystifiziert werden. In ihrer dekonstruierten Form legt die von der Gesellschaft weggeworfene Alltagstechnologie auf verblüffende Art und Weise offen, wie Menschen miteinander umgehen und wie wir uns mit Ökologie auseinandersetzen.

Foto: Lena Maria Loose

Ihre Arbeiten werden international ausgestellt, zuletzt in der Hong Kong City Hall, Halle14 – Centre for Contemporary Art, MU Artspace, The Museum of Art and Design New York, Hartware MedienKunstverein, Gaitée Lyrique, Ottawa Art Gallery, Modern Art Oxford, The CTM Festival Berlin und WRO Media Art Biennale. In Deutschland erhielt sie ein internationales Produktionsstipendium des Edith-Russ-Hauses für Medienkunst und war Stipendiatin des Berlin Centre for Advanced Studies in Arts and Sciences an der Universität der Künste in Berlin.

Neben ihrer künstlerischen Praxis lehrte sie als Gastprofessorin für Neue Medien im Fachbereich Visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Kassel und für Neue Medien/Sound an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Ihre Beiträge zur Do-it-yourself-Technologie-Community sind international anerkannt – ihre Workshops und Anleitungsvideos wurden von technischen Foren wie dem Chaos Computer Congress und dem Make: Magazine vorgestellt.

Darsha Hewitt lebt und arbeitet in Berlin.

»Kunst kann die Stopptaste drücken«
Darsha Hewitt im Interview im Online-Magazin HALLE4 der Deichtorhallen Hamburg

Nadja Buttendorf

Foto: Nadja Buttendorf

Nadja Buttendorf (*1984) stellt zeitgenössische Codes und Normen der Geschlechterkonstruktion ebenso in Frage wie die Mechanismen der Wertschöpfung, die den menschlichen Körper in unserer digitalen Gesellschaft betreffen. Ihre Arbeit verdeutlicht, dass selbst unser Verständnis von Technologie eng mit Systemen patriarchaler Machtverhältnisse verbunden ist. In Ablehnung dieser Vorstellungen sind ihre Arbeiten und Videoprojekte auf Interaktion angelegt und konstruieren neue und vielschichtigere Erzählungen, in denen Frauen als integraler Bestandteil der Technologiegeschichte wieder sichtbar werden. Zu diesem Zweck greift sie auf kommunikative Momente der Online-Beteiligung zurück, sowohl in ihren Online-Tutorials als auch bei der Herstellung performativer Schmuckobjekte. DIY als weit verbreitete Online-Ästhetik funktioniert als bewusst eingesetzte Strategie, die sowohl den Zugang ermöglicht als auch die neoliberale Arbeitsethik herausfordert.

Nadja Buttendorfs Arbeiten und Workshops wurden im HKW Berlin, Hartware MedienKunstVerein Dortmund, Künstlerhaus Bremen, La Gaîté Lyrique Paris, MU Eindhoven, NRW-Forum Düsseldorf, Halle 14 - Zentrum für zeitgenössische Kunst Leipzig, D21 Leipzig, Musem der bildenden Künste Leipzig, neue Gesellschaft für bildende Kunst Berlin und der panke.gallery Berlin gezeigt. Sie hat Vorträge und Performances bei der Re:publica, CCC, Creamcake und der nGbK Berlin gehalten. Nadja Buttendorf ist gelernte Goldschmiedin und studierte Bildende Kunst an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (Saale).

Body Presents, Or Do You Mean Body Presence?

Pseudo-holografische Installation, Website, digitale Animationsbibliothek

Body Presents ist eine online Bibliothek von Ganzkörper-Motion-Capture-Animationen von und mit Nadja Buttendorf, die alternative Designs für digitale Körper in virtuellen Welten anbietet. Die Animationen können kostenlos heruntergeladen werden und urheberrechtsfrei für die eigenen 3D-Projekte verwendet werden.

Motion Capture ist ein Verfahren, bei dem Körperbewegungen digital und dreidimensional gespeichert werden. Die Bewegungen können in Echtzeit auf einen digitalen Avatar übertragen werden. In den meisten Fällen werden die Bewegungen von professionellen Tänzer:innen und Performer:innen aufgezeichnet, die sich besonders gut und ausdrucksstark bewegen können.

Aber was passiert, wenn Körper sich nur minimal bewegen und auf der Couch rumliegen oder depressiv sind? In Nadjas' Arbeit geht es um die unterschiedliche Bewertung von Körperpositionen in einer ökonomisch orientierten Klassengesellschaft. Einerseits verbringen viele Menschen einen Großteil ihrer Arbeitszeit sitzend vor dem Computer, andererseits wird der herumliegende Körper weniger wertgeschätzt.

Auch im Hinblick auf das Einkommen werden die Positionen unterschiedlich bewertet: während eine reiche Person als cool gelesen wird, wenn sie rumliegt, wird eine arme Person als faul bezeichnet.

https://bodypresents.nadjabuttendorf.com/

Foto: © Nadja Buttendorf
Foto: © Nadja Buttendorf
Foto: © Nadja Buttendorf
Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg
Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg
Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg

Dasha Ilina

Foto: Erica Jewell

Dasha Ilina (*1996) ist eine russische Medienkünstlerin, die in Paris lebt. Durch den Einsatz von Low-Tech und DIY-Ansätzen beleuchten ihre Arbeiten die undurchsichtige Beziehung zwischen unserem Wunsch, moderne Technologien in unser tägliches Leben zu integrieren, und den gängigen gesellschaftlichen Imperativen der Sorge für sich selbst und für andere.

Ihre künstlerische Praxis bezieht die Öffentlichkeit mit ein, um Raum zu schaffen für die Entwicklung einer kritischen Auseinandersetzung mit unseren heutigen Beziehungen, dem Konzept des Privaten in der digitalen Ära und der reflexiven Suche nach Antworten durch Hinwendung zur Technologie. Ilina ist Begründerin des Center for Technological Pain (Zentrum für technologischen Schmerz), ein Projekt, das DIY-Lösungen für Gesundheitsprobleme anbietet, die durch digitale Technologien verursacht werden. Sie wurde dafür mit einem Honorary Mention bei der Ars Electronica geehrt.

Neben diversen internationalen Vorträgen, Workshops und Performances wurden Ilinas Arbeiten bereits in Institutionen wie dem Centre Pompidou (FR), MU Artspace (NL), Gâité Lyrique (FR), Hartware Medienkunstverein Dortmund (DE) und NeMe (CY) ausgestellt. Sie ist zudem Co-Direktorin von NØ SCHOOL, einer Sommerakademie, die sich mit kritischer Forschung zu gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen von Informations- und Kommunikationstechnologien befasst.

»Ich bin in einer niemals endenden Dauerschleife gelandet«

Dasha Ilina im Interview im Online-Magazin HALLE4 der Deichtorhallen Hamburg

© Dasha Ilina
Dasha Ilina, Center for Networked Intimacy, 2021 © Dasha Ilina
Dasha Ilina, Center for Networked Intimacy, 2021 © Dasha Ilina
Dasha Ilina, Do Humans Dream of Online Connection, 2021 © Dasha Ilina
Dasha Ilina, Do Humans Dream of Online Connection, 2021 © Dasha Ilina

Be? Here? Now?

In ihrem Projekt „Be? Here? Now?“ untersucht Dasha Ilina das Wesen neuer Formen hybrider menschlicher Existenz im technologischen Zeitalter. Die zentrale Kluft im gegenwärtigen Diskurs zu diesem Thema spaltet sich tendenziell in zwei gegensätzliche Richtungen auf: den Wunsch nach einem totalen technologischen Entzug und die Bereitschaft, sich uneingeschränkt und naiv auf die Welt der Innovation einzulassen.

Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg

Durch eine Materialsammlung, die auf einer einzigen Webseite gebündelt wird, adressiert „Be? Here? Now?” die Entstehung der Achtsamkeitskultur und spezifisch die Betonung, die diese auf eine „Gegenwärtigkeit“ des Bewusstseins legt. In diesem Zusammenhang geht es um die Frage, was es für zwischenmenschliche Beziehungen bedeutet, wenn physische Präsenz nicht mehr der ausschließliche Vermittler emotionaler Nähe ist. Da Achtsamkeit ein zentraler Aspekt des Projekts ist, werden diese Themen durch die Ästhetik der Achtsamkeit, insbesondere durch Techniken der Meditation und Entspannung, beleuchtet. Die Gestaltung der Webseite wird vom Kitschdesign der 1990er- und frühen 00er-Jahre inspiriert, das bis heute den Stil vieler Webseiten zur Achtsamkeit prägt.

Der Titel des Projekts „Be? Here? Now?“ bezieht sich auf das gleichnamige grundlegende Buch über Achtsamkeit von Ram Dass, das als wegweisende „Bibel der Gegenkultur“ gilt und Steve Jobs so begeisterte, dass es ihn dazu anregte, auf der Suche nach einem eigenen Guru nach Indien zu reisen.

Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg

Work in progress for BE? HERE? NOW?

Olsen

Foto: Irene Perez Hernandez

Olsens Arbeiten sind Untersuchungen an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Einen besonderen Fokus legt er dabei auf die Technologien des Alltags, mit denen man ständig konfrontiert wird und die unser menschliches Dasein, unsere Vorlieben und Verhaltensmuster bestimmen. Beispiele sind das Öffnen des Kofferraums per Knopfdruck, der automatische Raumbedufter oder auch der Rasenmäherroboter. Bei all diesen Beispielen handelt es sich um Automaten – Maschinen bzw. Computer – die mit Hilfe von Programmierungen bestimmte Tätigkeiten für den Menschen erledigen. So kann Technologie als die Anstrengung verstanden werden, dem Menschen Anstrengung zu ersparen.

Olsen (*1975) hat nach einer Schreinerausbildung ein Studium der Medialen Künste an der HdK Zürich und Bellas Artes an der Universidad Barcelona absolviert, sowie 2018 ein PhD in Media Arts and Technology an der Queen Mary, University of London fertiggestellt. Olsen hat international in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen ausgestellt und hat Workshops sowie Lehrveranstaltungen in verschiedenen Kontexten gehalten. Seine Arbeit ist in der Daimler Art Collection zu sehen. Derzeit lebt und arbeitet er in St. Georgen im Schwarzwald.

Olsen, Uruca Caliandrum, 2010 © Olsen / VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Olsen, Uruca Caliandrum, 2010 © Olsen / VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Olsen, Düsen nach Jägerart, 2019 © Olsen / VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Olsen, Düsen nach Jägerart, 2019 © Olsen / VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Olsen, Weltgrösste Kuckucksuhr (Digital), 2021 © Olsen / VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Olsen, Weltgrösste Kuckucksuhr (Digital), 2021 © Olsen / VG Bild-Kunst Bonn, 2022

Per Teleport zur Immortalität – Technologien um der Endgültigkeit des Todes entgegenzuwirken

Mit seinem Projekt wird Olsen einen besonderen Fokus auf ein Mensch-Maschine-Verhältnis legen, das mit der künstlichen Intelligenz (KI) einhergeht. Dies baut auf Technikprophetie, Datenreligion oder Informationsmonismus auf und ist mit einem Streben nach Kontrolle und einer vollständigen Verfügungsgewalt über den Menschen und letzten Endes dem Tod verbunden. Die Protagonisten der computertechnischen Immortalisierung richten alles auf das technische Paradis der Zukunft. In der Gegenwart haben sie zumindest ein Standbein in der IT-Branche und Bereichen, die der KI zugeordnet werden.

Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg

Wer kennt es nicht, vor Abflug in der Duty Free Zone noch schnell die letzten nötigen Besorgungen machen oder sich einfach nur der Angebotspalette flanierend hingeben. In diesem Fall befinden wir uns jedoch auf dem Weg zum „Teleport“ zur Unsterblichkeit. Das hier angebotene soll uns einen Vorgeschmack auf das technische Paradies der Zukunft geben, dass sich dahinter verbirgt: „Mind Uploads“, „Cryonics“, „Whole Brain Emulation“ sowie der Aufstieg ins algorithmische Schlaraffenland sind Teil der Angebotspalette.

Fasziniert von Fragen ‚Wie sich menschliches Erleben in Speichermedien abbilden und für immer aufbewahren lässt?‘ oder ‚Wie lebt es sich in der Unsterblichkeit?‘ ist das Ziel von Olsens Arbeit, einen Vorgeschmack davon zu geben was danach kommt. So sind z. B. Gerüche eines der Dinge, die derzeit schwer in digitalen Medien abzubilden, zu speichern oder beim „upload“ zu bewahren sind. Olsen plant die Unsterblichkeitsfantasien der Protagonisten weiter zu recherchieren und durch eine humoristische Herangehensweise die darin auftretenden Denkfiguren an den Füssen zu kitzeln.

Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg
Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg
Foto: Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg


Taming of Chance

Foto: Irene Pérez Hernández
Foto: Irene Pérez Hernández
Foto: Irene Pérez Hernández
Foto: Irene Pérez Hernández